Wenn man sein Leben so schnell wie möglich leben muss, sieht man nicht so genau hin.
Philippe Soupault
Wenn man sein Leben so schnell wie möglich leben muss, sieht man nicht so genau hin.
Philippe Soupault
Ja, ja, ja, ich kenn Euch bewegungsarmens Pack doch. Da hopseln die Temperaturen plötzlich! auf ein Maß, bei dem Euch das Wasser im Glas gefriert und zack! seid Ihr wieder darauf angewiesen, auf Grachten per Schlittschuh zur Arbeit zu treideln. Tja, wieder nicht trainiert, was?
Aaaber nicht mit mir! Ich hab mich den ganzen Sommer über fit gehalten wie ein Knäckebrot! Jeden Tag habe ich mit meinen spezial angefertigten Profirollerblades 249 km abgerissen (Ihr wisst schon, die klassische Strecke DelmenhorstIserlohn), so dass ich heute noch Bäume ausreißen könnte. Wenn ich wollte. Ich will aber nicht, weil die so kalt sind. Da frieren einem ja die Pfoten ab.
Wie dem auch sei. Sport!, meine Lieben, wäre Eure Devise gewesen, aber Ihr schlaffen Säcke habt ja den ganzen Tag nur auf dem Bürostuhl meditiert.
Nee, wartet mal. Das war ich ja auf dem Bürostuhl. Aber wer ist dann dieser schnieke Bursche auf MEINEN teuren Rollerblades? :>
Die Leute links und rechts waren die Typen, die mich festhalten sollten. Aber wer hat sich da in die Mitte des Bildes geschmuggelt? Der missgestaltete Cousin von Lance Armstrong?
Stumm reitet der Galgenstrick nach Sausalito. Wenn man von seiner Schindmähre absieht, hat er nichts mehr zu verlieren. Er steht allein für sich, ohne jede Verpflichtung. Frei ist er und doch gefangen. Gefangen in der Welt der Möglichkeiten. Gefangen im Gefängnis der Freiheit. Alles zu können, das weiß er, heißt nicht, dass man alles kann.
Im Schritt trottet die Schindmähre. Der Kopf tanzt ab und auf. Schläft der Galgenstrick sogar? Seine Augen jedenfalls sind geschlossen, der Kopf schaukelt nach vorn. Seine Unterlippe, die trägt er vorgeschoben. Ist sein Hut ins Gesicht gezogen? Nein, eigentlich nicht, er sitzt normal. Der Trenchcoat, den er trägt, stiert vor Schmier, flattert mit seinen Flügeln aber sanft im Wind. Schwach nur ist der Laut der Hufe zu hören. Sähe man das müde Duo nicht, könnte man das Geräusch nicht identifizieren. Auch das spröde Leder knirscht nur gering.
Die Abendsonne sticht auffallend und frisst sich fort in die gegerbte Haut. Was man riechen könnte, stünde man bei dem Galgenstrick, riefe vermutlich nach einem Waschzuber im Stall. Dort säße er, nackt, die Knie aus dem heißen Wasser ragend wie Vulkankegel im Ozean, hielte einen Seifenblock in den Händen und wüsche sich genüsslich die Erinnerung an die letzten Wochen vom Körper. Der Bart kratzte natürlich, denn zum Barbier ginge er erst nach dem Bad.
In Träume versunken ist unser Galgenstrick. In Träume nach rosiger Haut, duftend, weich. Nach Genuss und Lust.
Davon ist er aber noch weit ab auf seinem Pferd. Heute wird er sein Ziel wohl nicht mehr erreichen. Er wird und das dauert kaum noch lang einen Platz an einem vertrockneten Busch suchen. Hier wird er absteigen, den Sattelriemen lösen und das Tier versorgen. Ihm Wasser geben. Er wird trockenes Holz suchen, es aufwerfen und entfachen. Er wird eine kleine schwere Pfanne drauflege und den Inhalt einer Dose hineinkippen. Warm werden die Bohnen in den knisternden Flammenzungen, während er sich aus einer schlichten Decke und dem Sattel schweigend ein Lager richtet. Fliegen surren seidig durch das trübe Licht. Die Mähre schnauft.
Aber noch ist unser Galgenstrick nicht so weit. Vielleicht wird er auch nicht so weit kommen. Vielleicht streben ihm in der Dämmerung drei Gestalten entgegen. Vielleicht sind sie bewaffnet und suchen ein Opfer. Vielleicht suchen sie ihn und nur ihn. Vielleicht schießen sich die vier nach einem furiosen Zusammenstoß. Vielleicht kann er sich seiner Haut erwehren.
Aber vielleicht sind die anderen drei auch besser und töten ihn. Schleppen den grauen Körper direkt nach Sausalito. Zum Sheriff und kassieren die Belohnung für den toten Galgenstrick.
Dann, ja dann würden wir nie erfahren, wer er war. Wie er lebte. Und wo die Reichtümer verborgen sind, die er in seinem Leben gesammelt hat. Ja, wir erführen nicht einmal, um welche Reichtümer genau es sich handelt.
Viel Spaß beim nächsten Streich aus dem Hause OBrien und Totte.
ich möchte demnächst, vielleicht schon an diesem wochenende, eine kleine cd mit aufnahmen zusammenstellen. wenn mir nicht die bude eingerannt wird, kann, wer interesse daran hat, eine cd von mir bekommen. näheres bitte per pn.
Ich war ja letzte Woche, wie vermutlich wieder keiner mitgekriegt hat, auf der Buch Wien 2010. Da hab ich verschiedenes machen müssen und auch manches gelernt.
Zum Beispiel, dass Leute, die zu spät kommen, vom Leben bestraft werden. Dass sie aber zugleich auch nicht jonglieren müssen. Deshalb durfte ich mir auch eine Ausstellung von einem Künstlerpärchen namens Albert und Tina angucken, die sich der Einfachheit halber Albertina nennen. Nach der Ausstellung hab ich gleich mal getestet, wie firm die Wiener Polizei in der Geografie, genauer: in der Straßenkunde ist. Tja, kann ich nur sagen, durchgefallen. Die Ruprechtskirche ist nämlich am Ruprechtsplatz. Und der ist da vorn geradeaus bis zum Schwedenplatz, dann links und dann kommt der Platz nach hundert Metern nämlich schon. Sowas muss man doch wohl auf einem Stadtplan finden können, wenn die App schon versagt, oder?
Wie dem auch sei. Den Frust angesichts dieses kläglichen Ergebnisses der öffentlich Angestellten musste ich zunächst mit feinstem Champagner im Moulin Rouge wegtrinken. Leider reichte das Begrüßungsgeld, das mir bei der Ankunft in Wien ausgehändigt wurde, nur für drei Tropfen des edlen Gebräus. Deshalb hab ich das restliche Geld im Kasino verspielt, in der Hoffnung, meine Ersparnisse etwas aufzubessern.
Mein Glück reichte nicht, ich war die folgenden Tage gezwungen, meinen Urlaub mit Messejobs zu finanzieren. Da konnte ich mit Ratte, Charme und Leseprobe so manchen Besucher davon überzeugen, sich Bücher zu kaufen. Gut, manche Besucher konnten eine Ratte nicht von einer Maus und eine Maus nicht von einem Opossum unterscheiden, aber dafür hab ich ihnen zur Strafe Schweinereien in ihr Buch gekritzelt.
Natürlich reichte mir das nicht. Also ging ich dazu über, verfeindete Messestände zu kapern und zu übernehmen. Die Hostessen hab ich einfach für ein paar Tassen Kaffee an Zigeuner verkauft.
Aber auch das reichte nicht für ein adäquates Auskommen, ich musste mich auch noch auf der Bühne verdingen. Dabei war ich so gut, dass ich ein Feedback der besonderen Art erhielt.
So verdiente ich mir also den Besuch des Messerestaurants, das täglich mit komplett unterschiedlichen Tagesmenüs glänzte: Asia-Wok mit Huhn, Asia-Wok mit Schwein, Asia-Wok mit Blauwal und Asia-Wok mit Marsschlumpffleisch.
So gut wie niemand weiß, dass ich bereits mit zwei Titeln bei Amazon gelistet bin. Gleichwohl halten wir Autoren zusammen wie Pech und das gelbe Zeug, das immer so stinkt wie die Brunnen auf Island. Deshalb hab ich natürlich stante pede eingegriffen, als das Sonnenkind versucht hat, Ken Follet, den Helden meiner verschlafenen Nächte, mit seinem vorletzten Machwerk würfig zu attackieren.
Zur Belohnung und vermutlich, weil meine Klamotten bereits von Nagetieren angeknabbert waren wurde ich des Abends zu ausgiebigen Fressorgien geladen. Ja, wer es nicht erlebt hat, wird mir kaum glauben, dass ich an einem durchgebogenen Tisch voller Sushis saß, die der Menge glichen, von der die Einwohner Okinawas 1,5 Monate leben. Auch das XXXXXXXXXXXXL-Surschnitzel, an dem ich mitknabbern durfte, war so legendär groß, dass Ihr mir nicht glauben werdet, dass die Festmahlteilnehmer es aufblasen und eine Zeit lang als Hüpfburg nutzen konnten (Die Schuhe mussten wir natürlich ausziehen). Durch diese Orgien lag ich lange Zeit in einem derartigen Fresskoma, dass ich den morgendlichen Stau kaum wahrgenommen habe.
Erst wenn es darum ging, dem Knuffibuchreflex* mit einem Ausfallschritt nachzukommen, war ich wach. In diesem Zustand konnte ich sogar beobachten, wie ein stadtbekannter österreichischer Schriftsteller namens Albert K. potenzielle Dan-Brown-Buch-Käufer erfolgreich von der Güte eigener Werke überzeugen konnte.
* So wird in der ethnografischen Psychologie der Reflex bezeichnet, der eintritt, sobald Eltern oder einzelne Elternteile oder Großeltern zusammen mit einem Kind auf dem Arm, im Kinderwagen oder in laufender Fortbewegungsweise entdeckt und auf der Stelle mit einer Leseprobe des sogenannten Knuffibuchs belästigt werden (O-Ton Hast Du schon das Knuffibuch? Nein? Bitte, für dich. Und für die große Schwester haben wir spannende Thrillerleseproben.).
In München kam ich gestern in den Genuss eines besonders exklusiven Restaurants. Es verfügt lediglich über einen Tisch mit vier Plätzen. Ich empfehle, im Vorfeld zu reservieren, dann bekommt man nicht nur einen Tisch, sondern lernt Spezialitäten des Hauses kennen wie zum Beispiel gebratenen Zossen mit Mützchen. Das Personal changiert zwischen perfekter Gastlichkeit und sexueller Aufdringlichkeit; so machte ein langhaariger Zwerg mit großen Ohren der Testpartnerin unaufhörlich eindeutige Annäherungsversuche an Bein und Fuß. Das Fehlen des Sommeliers wurde ausgeglichen durch die Qualität des Weins und das amüsante Unterhaltungsprogramm mit Tanzeinlagen und kleinen Sketchen. Man kann in der Tat sagen, dass das Chèz George die Erlebnisgastronomie Münchens in ungeahnte Höhen schraubt!
Fazit: 7 von 5 Sternen
Ein Schnappschuss aus der Küche beweist:
Auch Pekingente mit Federboa wird hier kredenzt.
Jaha, los gehts gleich mit Getöse. Mit meinem Privatjet, in dem ich aus Umweltschutzgründen ein paar Normalos mitfliegen lasse (so kriege ich wenigstens das Geld für den Hangar wieder rein), geht es heute nach Wien. Da werde ich wieder ein paar meiner berüchtigten Streiche spielen (z. B. 50 Hektoliter rote Lebensmittelfarbe in die Donau kippen oder den Stefansdom auf den Kopf stellen) und nebenher ein klein wenig arbeiten. Ihr wisst bestimmt gar nicht, was ein gutaussehender Kerl wie ich mit Messejobs verdienen kann: Ein Wochenende Arbeit reicht da fürs ganze Jahr.
Tut so lange bitte nichts, was ich nicht auch bei Euch tun würde, wenn Ihr Urlaub vom Blog macht!
Bis denne! 😀
Mit modernster Flugtechnik geht es gen Wien.
Ich kann gar nicht genau sagen, wann genau es damit angefangen hat. Aber seit ein paar Tagen verhält sich mein Schatten komisch. Er läuft mir anders hinterher. Es ist fast, als würde er sich vor mir verstecken. Meist sehe ich ihn nur aus dem Augenwinkel. Dreh ich mich zu ihm um, verschwindet er. Hinter Ecken, hinter Möbel. Das darf man sich nicht wie einen plötzlichen Sprung vorstellen. Es ist eher ein schnelles Gleiten, ein Hinüberfliehen. Er er zerfließt beinah mit einer geradewegs abenteuerlichen Geschwindigkeit und ist dann weg. Einfach weg, obwohl ich vorher noch deutlich im Gesichtsfeld erkennen kann, dass er da ist.
Er bewegt sich auch seltsam: Laufe ich, dann folgt er mir mit spitzen, nahezu bösartigen Schritten. Es ist ganz so, als schliche er mir nach.
Zwischendurch, besonders wenn ich stehe oder sitze, glaube ich ihn dabei beobachten zu können, wie er sich am ganzen Körper diebisch schüttelt, ganz so, als lachte er mich aus. Drehe ich mich zu ihm verschwindet er wieder in seiner unangenehm ruhigen Bewegung und verharrt still hinter seiner gespenstischen Deckung.
Einmal hatte ich eine besonders schlimme Erscheinung. Es sah an meinem Schatten aus, als hielte er ein Messer in seiner Rechten. So ein großes Schlachtermesser. Erst hatte ich es gar nicht wahrgenommen. Aber als ich es als solches erkannte wieder aus dem Augenwinkel natürlich , bekam ich es mit der Angst! Er machte nämlich mit der Hand, in der er das Messer trug, schnelle, hastige Stichbewegungen. Genau in meine Richtung. Ja, ich glaube, dass mein Schatten versucht hat, mich umzubringen!
Als ich vor Schreck zu ihm schaute, verschwand das Schattenmesser natürlich zusammen mit ihm.
Er ist teuflisch. Ich habe Angst, ihn zu sehen. Und ich habe noch mehr Angst, ihn nicht zu sehen.
Seit 10 Tagen hab ich kein Auge mehr zugemacht. Dauernd blicke ich mich um steht er jetzt hier? Hockt er etwa da?
Dadurch dass ich mich permanent beobachtet fühle, bleibt mir auch keine Möglichkeit, mich der Umwelt mitzuteilen. Diese spärlichen Notizen hier kritzle ich seit Tagen auf einzelne Schmierzettel, die ich in der Wohnung verstecke, wenn ich mich von ihm unbeobachtet fühle. Immer nur kleine Satzfetzen kann ich notieren. Meist in einem langen Ärmel oder blind unter der Decke, während ich Ausschau halte nach ihm.
Wenn er mich nicht töten will, dann will er mich zumindest in den Wahnsinn treiben. Und ich glaube, das wird ihm schon bald gelingen, diesem Dämon
Der Wollüstling ist der grausamste Egoist: er zerstört, um zu genießen; er hauet den Baum nieder, um seine Früchte zu pflücken; er kennt nichts, er will nichts, als sich selbst.
August Lafontaine
Ich weiß jetzt nichts von Rätseln. Alles geschieht. Das ist die ganze Weisheit.
Robert Musil